Ignoranz der S-Bahn Hamburg nicht mehr zu toppen

Blick auf Gleise
Blick auf Gleise (Symbolbild) - Bildnachweis: Michael Gaida / Pixabay

Der Kundenservice der Hamburger S-Bahn ist des Namens nicht würdig. Anfragen werden zunehmend nur noch mit Textbausteinen beantwortet, kritische Nachfragen ignoriert – die Augen werden vor der Wirklichkeit verschlossen.

HVV-App und die S-Bahn Hamburg

Jeder Pendler kennt das: man verlässt sich lieber nicht mehr auf die S-Bahn, sondern checkt kurz vor der Abfahrt noch mal, ob die Verbindung denn auch wirklich „passt“. Ein kurzer Blick in die HVV-App, jawoll, passt alles noch, los geht’s. Aber dann kommt die S-Bahn Hamburg daher und macht dir einen Strich durch die Rechnung.

Die S-Bahn soll laut HVV-App zwar pünktlich fahren, Verspätungen sind auch wenige Minuten vor der geplanten Abfahrt nicht gemeldet, aber dann kommt’s am Ende dicke: die Bahn fährt garnicht oder mit so einer großen Verspätung, dass sie schon garnicht mehr am Zielanzeiger am Bahnsteig auftaucht.

Informationsweitergabe faktisch nicht vorhanden

Man bemüht also die Infosäule, erreicht eine Dame, die absolutes Desinteresse zeigt, und nur die Auskunft gibt „ja da fährt grade alles irgendwie verspätet, nehmen Sie einfach die nächste Bahn, die kommt…“ – wow, auf die Idee kommt natürlich niemand von alleine.

Am gestrigen Tag wollte ich meine Eltern besuchen, sie wohnen in Klecken. Einem kleinen Dörfchen bei Harburg, jeder kennt jeden, es gibt noch einen „echten“ Bäcker, eine eigene kleine Schule, die Uhren ticken dort etwas langsamer, als in Hamburg… Und auch der metronom hält dort mindestens einmal stündlich.

Die Fahrzeit beträgt inklusive Umstieg weniger als 20 Minuten, ich nutze dazu die S3 oder S31 von Harburg-Rathaus bis Harburg (eine Station), steige dort in den metronom und fahre mit diesem auch nur zwei Stationen. Es könnte also so einfach sein.

Natürlich trat dann obiges Szenario ein: Verbindung gecheckt, angeblich alles pünktlich, in der Realität fährt die S-Bahn aber – wieder mal – fernab eines jeglichen Fahrplans. An der Infosäule wieder eine der chronisch desinteressierten Damen, mit der sich dann folgender Dialog entwickelte:

„Hi, ich wüsste gern, was mit der S31 nach Altona ist. Laut Plan & App soll sie um 17.22 fahren, aber laut Anzeige fährt hier grade garnichts.“

„Ja keine Ahnung, da fährt grade alles mit Verspätung, da müssen Sie einfach warten, bis die nächste Bahn kommt.“

„Meinen Anschluss wird das nicht interessieren, oder meinen Sie, der wartet auf mich?“

„Das kann ich Ihnen nicht sagen, das ist aber auch nicht mein Problem.“

„Wieso kriegt die S-Bahn es denn trotz zahlreicher Beschwerden immer noch nicht hin, ihre Daten an die HVV-App zu übermitteln? Das wurde doch schon etliche Male zugesichert…“

„Das weiß ich nicht, das ist aber auch nicht mein Problem. Wenden Sie sich mal an den Kundendialog.“

„Der Kundendialog erklärt sich, ebenso wie Sie, regelmäßig für nicht zuständig und verweist mich zurück an die S-Bahn – das sind dann wohl wieder Sie.“

„Tja…“

Aufgelegt.

So defeniert die S-Bahn also ihren Service. Wenn man jetzt, wie von der Dame vorgeschlagen, zu dieser Uhrzeit den „Kundendialog“ anruft, landet man bei der Reiseauskunft der Deutschen Bahn. Die Dame dort war sichtlich irritiert, was ich denn von ihr wollte, und wusste überhaupt nicht, was los ist. Erst auf Nachfrage erklärte sie dann auch – etwas widerwillig – dass sie garnicht von der S-Bahn Hamburg sei, sondern eben die Reiseauskunft der DB. Außerhalb der „Kernzeiten“ landen die Anrufe wohl automatisch dort.

Social-Media-Team: kaum Auskünfte

Da ich also weder an der Infosäule, noch telefonisch, weiterkam, nutzte ich die unfreiwillig gewonnene Wartezeit – meinen Anschluss habe ich dank der S-Bahn natürlich verpasst – für einen entsprechenden Beitrag auf Facebook und formulierte dort drei einfache Fragen an die S-Bahn:

  1. Warum wurde im vorliegenden Fall die Bahn als pünktlich angezeigt, obwohl sie entweder mit mehr als +15 oder garnicht verkehrt?
  2. Wer oder welche Stelle ist bei der S-Bahn Hamburg für die Datenübermittlung an die HVV-App zuständig?
  3. Wer ist disziplinarisch für die Mitarbeiter an den Infosäulen zuständig?

Es gab eine Mischung aus einem Verweis auf die defekte Technik der S-Bahn und wieder ein paar Standard-Textbausteine:

Moin Chris Siebert,

die S 31 war gestern von einer Weichenstörung betroffen, weshalb es zu Ausfällen kam. Inwiefern die Echtzeitdaten hierzu in der App gefehlt haben, können wir heute leider nicht mehr nachvollziehen. Da die HVV App von der Hamburger Hochbahn AG zur Verfügung gestellt wird, bitten wir Dich, Deine Kritik dorthin zu richten.

Kennst Du schon die App „DB Streckenagent“? Diese wurde eigens für Informationen zum Nahverkehr entwickelt > http://spkl.io/61844JHtO
Für Mitarbeiter-Beschwerden steht Dir unsere Kundenbetreuung zur Verfügung: http://spkl.io/61854JHtP Bitte habe Verständnis, dass wir uns hierzu auf Facebook nicht weiter dazu äußern können, da wir die Situation nicht beurteilen können.

Viele Grüße, das S-Bahn Hamburg-Team

Antwort des Social-Media-Teams auf Facebook

Grundsätzlich nicht zuständig

Standardvorgehen der S-Bahn: sich für nicht zuständig erklären. Die Hochbahn sei schuld. Dumm nur, wenn man die Hochbahn mal anruft (so heute geschehen) und von dort die Auskunft erhält, dass die S-Bahn es bis heute nicht schafft, Daten über Verspätungen zuverlässig an die Hochbahn zu liefern.

Kundendialog ohne Dialog

Ebenfalls dumm, wenn man dann wirklich mal den Kundendialog anruft, und dieser dann erklärt, absolut keine Ahnung zu haben und keine der Fragen beantworten zu können. Was ist das denn für ein Dialog?

Besonders witzig ist der Hinweis auf die DB-eigene App, die man doch nutzen solle. Die S-Bahn erwartet jetzt also allen Ernstes folgendes Vorgehen:

  • Man sucht sich in der HVV-App die gewünschte Verbindung heraus, um die geplanten Anschlüsse zu ermitteln.
  • Man lädt sich dann von jedem beteiligten Verkehrsunternehmen die entsprechende App herunter, um zu prüfen, ob die Teilleistung der Verbindung denn auch pünktlich fährt.

Für eine Verbindung, die von drei Verkehrsträgern erbracht wird, soll sich der Kunde im 21. Jahrhundert dann also laut Vorschlag der S-Bahn vier Apps besorgen: für jeden Verkehrtsträger jeweils eine App, und dann die App des HVV, um die Verbindungen zu ermitteln.

Ein absolutes Armutszeugnis.