Verwaltungsgericht entscheidet gegen die Sperrstunde

Waage der Gerechtigkeit
Waage der Gerechtigkeit (Symbolbild) - Bildnachweis: succo / Pixabay

Wie jetzt bekannt wurde, hat das Verwaltungsgericht einem Betreiber dreier Lokale bereits am Montag Recht gegeben (Beschluss 14 E 4379/20 des VG Hamburg) und ihm so gestattet, seine Betriebe auch während der Sperrstunde weiter zu betreiben. Die Argumente des Senats konnten offensichtlich nicht überzeugen.

Vorausgegangen war ein Eilantrag des Gastronomen, den dieser bereits letzten Mittwoch eingereicht hat. Der Gastronom hat erklärt, dass die Sperrstunde sein grundgesetzlich geschütztes Recht auf freie Berufsausführung beeinträchtigt, da er einen Großteil seiner Betriebszeiten auch nach 23 Uhr liegen hat.

Zusätzlich führte er an, dass die Corona-Verordnung als ganzes auch keine rechtliche Ermächtigung sein kann, da sie nicht, wie vom Gesetz vorgeschrieben, erlassen wurde, sondern über das Parlament hinweg erlassen wurde.

Schlußendlich führte der Gastronom aus, dass das RKI selber klargestellt hat, dass aus der Gastronomie keine nennenwerten Infektionen ausgehen und die Sperrstunde damit auch offensichtlich unverhältnismäßig sei. Die bloße Möglichkeit, etwas bewirken zu können, darf seiner Meinung nach kein Argument sein, Anordnungen zu erlassen, die einem Berufsverbot gleichkommen und existenzbedrohend sind.

Die Stadt konnte sich erwartungsgemäß den Ausführungen des Gastronomen nicht anschließen und stellte klar, dass sie die Sperrstunde sehr wohl für verhältnismäßig und auch für rechtens halte. Die Stadt ließ jedoch jeden Bezug zu den aktuellen Fallzahlen aus der Gastronomie vermissen und flüchtete sich in die bekannten allgemeinen Ausführungen – „hohes Infektionsgeschehen“, „schlechte Luft in Kneipen“, „Alkohol enthemmt“.

Nicht unerwähnt ließ die Stadt auch, dass ihr der Personalaufwand, die Einhaltung der Corona-Regeln zu überprüfen, schlichtweg zu hoch sei. Es sei einfacher, die komplette Schließung eines Ladens zu kontrollieren, als die Einhaltung der Regeln in diesen Läden. Dieses Argument besitzt eine gewisse Dreistigkeit, denn der Personalmangel der Ordnungsbehörden kann nicht zu grundrechtseinschneidenden Maßnahmen der Stadt führen.

Im Wesentlichen folgte das Verwaltungsgericht daher der Ansicht des Gastronomen. Das Gericht stellte zwar klar, dass es auch Zweifel an der Verfassungmäßigkeit der Sperrstunde hat, hat diese aber bis zu einer Klärung vorerst als gegeben angenommen. Das Gericht ließ dabei allerdings nicht unerwähnt, dass selbst der Bundestag mittlerweile Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Corona-Verordnungen angemeldet hat.

„Unterm Strich“ kommt das Gericht zu dem Schluß, dass die Sperrstunde zwar als Maßnahme selber zulässig sein kann, sie aber spätestens unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit nicht mehr statthaft ist.

Die Nachteile, die der Gastronom durch die Sperrstunde erleidet, bis hin zur Insolvenz, stehen nach Ansicht des Gerichtes in keinem vertretbaren Verhältnis zu den eventuellen Vorteilen der Sperrstunde. Es fehlt einfach an Fakten, die erkennen lassen würden, dass die Sperrstunde das erklärte Ziel der Stadt, die Infektionszahlen zu senken, erreichen kann.

Weitere Eilanträge anderer Gastronomen gegen die Sperrstunde sind noch anhängig und sollen zeitnah entschieden werden.

Die Stadt hat ihrerseits nun wiederum 14 Tage Zeit, um Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen. Ob sie dies vor dem Hintergrund des kommenden Lockdowns tut, bleibt abzuwarten. Es ist ohnehin damit zu rechnen, dass Gastronomen, aber auch der Branchenverband DEHOGA, rechtliche Schritte gegen den Lockdown als solchen einleiten werden.