Hamburg verschärft Maskenpflicht – Experten sehen allerdings keine Notwendigkeit

Mann mit FFP3-Maske
Mann mit FFP3-Maske - Bildnachweis: Orna Wachman / Pixabay

Mitte – Auf der gestrigen Pressekonferenz hat der Senat verkündet, die Maskenpflicht zu verschärfen. Die neuen Regeln sollen schon zum Wochenende in Kraft treten. Experten sehen hierfür, anders als der Senat, bisher keine Notwendigkeit.

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Zuletzt haben die Inzidenzwerte in Hamburg stagniert, seit einigen Tagen steigen sie wieder leicht. Grund genug für den Senat, die Maskenpflicht zu verschärfen.

Der Senat verlässt sich dabei immer noch allein auf den Inzidenzwert, obwohl die Kritik daran immer lauter wird. Auch dass viele Experten keinen Sinn darin sehen, die Maskenpflicht auszuweiten, hält den Senat nicht davon ab, genau das ab dem Wochenende zu tun – die Allgemeinverfügung soll entsprechend angepasst werden.

Masken sollen demzufolge im Freien an allen Stellen getragen werden, an denen der Mindestabstand „voraussichtlich“ nicht eingehalten werden kann. Eine sehr vage Formulierung, die genauen Gebiete sollen entsprechend benannt werden, natürlich gilt die Pflicht wieder nur zu bestimmten Uhrzeiten.

Das bisher herrschende Chaos wird also künftig noch komplexer: die Maskenpflicht gilt in vielen Bereichen sogar nur zwischen bestimmten Hausnummern, und dann auch nur zu bestimmten Zeiten. Freunde des schwarzen Humors haben in den sozialen Medien bereits vorgeschlagen, die Tragepflicht auch von der Mondphase abhängig zu machen.

Marcel Schweitzer, der Sprecher des Senates, begründet die Maßnahme mit vollen Parks und überfüllten Spazierwegen. Auch Jogger sollen künftig eine Maske tragen müssen.

In der Wissenschaft stößt das jedoch auf Unverständnis. Andreas Podbielski, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universität Rostock, hat die Entscheidung des Senats der MOPO gegenüber kritisch bewertet: „Maskenpflicht zur Covid-Übertragungsprävention für sich frei in der Umgebung bewegende einzelne Menschen hat keine mir bekannte wissenschaftliche Begründung“. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine, selbst das RKI sieht hier keine Notwendigkeit.

Podbielski räumt der MOPO gegenüber zwar ein, dass die Menge an Veröffentlichungen zu Corona dazu führt, dass auch er nicht alle Forschungsarbeiten, Studien, etc., kennt, allerdings hat der Senat seine Entscheidung bisher auch nicht wissenschaftlich begründen können: „Andernfalls wäre dies nicht die erste rein politisch begründete und zugleich übers Ziel hinausschießende Anordnung zur Covid-Prävention“, stellt er fest.

Schweitzer hingegen teilt mit: „Wer sich jetzt draußen mit vielen Leuten trifft und an der Alster grillt, hat die aktuelle Lage nicht verstanden“ – das ist eine sehr anmaßende Aussage und auch eine auffällig einseitige Betrachtung. Dabei verschweigt er nämlich, dass die meisten Infektionen eben nicht „draußen mit vielen Leuten“ oder beim Grillen im Park entstehen, sondern Zuhause oder im Job.

So schreibt der Senat selber in seinem aktuellen Corona-Briefing:

„In knapp zwei Dritteln der Ausbruchssituationen (58 Ausbrüche mit 148 Fällen) handelt es sich um das private Umfeld bzw. den Haushalt, neun Ausbrüche mit 31 Fällen gehen auf den Arbeitsplatz zurück.

Der Infektionsort liegt überwiegend in Hamburg; in neun Fällen ist ein Infektionsort im Ausland angegeben (Kosovo, Slowenien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Ghana, Kenia, Südafrika und USA).“

Das Bild passt zu den mittlerweile täglichen Meldungen, dass die Polizei immer mehr „Corona-Partys“ auflösen muss. Die Akzeptanz für die Maßnahmen der Regierung sinkt kontinuierlich, die Menschen wollen ein Stück Normalität zurück – und nehmen dafür eben auch das Risiko einer Infektion in Kauf. Durch noch mehr Verbote sorgt der Senat nur dafür, dass die Treffen noch weiter in den privaten Raum verlegt werden – also genau dahin, wo eben keine Kontakte nachverfolgt werden können und keine Hygienekonzepte bestehen.

Umso mehr müsste der Senat nachvollziehbare, wissenschaftlich basierte Entscheidungen treffen.

Nachdem die Politik sich bisher ihre Grenzwerte von 50 und 35 bei der 7-Tage-Inzidenz ohnehin schon eigenmächtig und ohne wissenschaftliche Beratung „gewürfelt“ hat, ist eine Verschärfung der Maskenpflicht, für die es – zumindest aktuell – keine wissenschaftliche Notwendigkeit gibt, nicht geeignet, das Vertrauen in die Kompetenz der Regierenden zu stärken.