Alkoholverbot auf dem Kiez? – Faktencheck

Alkoholverbot
Alkoholverbot (Symbolbild) - Bildnachweis: 13smok auf / Pixabay

Große Aufregung bei den Hamburgern: ab heute gilt auf dem Kiez Alkoholverbot. Angeblich. Was ist dran an den Meldungen?

Die Stadt Hamburg macht Ernst: Auf der Landespressekonferenz dieser Woche wurde verkündet, dass der Senat die Kompetenz, Allgemeinverfügungen zu erlassen, an die Bezirke zurückgegeben hat.

Hintergrund ist, dass es an den vergangenen Wochenenden immer wieder zu großen Menschenansammlungen gekommen ist, die ein Einhalten des Mindestabstandes unmöglich machen. Nicht zuletzt deswegen musste die Polizei sogar mehrmals die Große Freiheit sperren.

Hierbei steigt in den Augen des Senats die Möglichkeit, sich mit Corona zu infizieren, enorm an. Man kann sicherlich ausführlich darüber diskutieren, ob diese Einschätzung lebensnah ist, oder absolut übertrieben. Schließlich hatten wir vor mehreren Wochen noch Black Live Matters-Demonstrationen mit 14.000 Teilnehmern, ohne dass es einen Anstieg der Infektionszahlen gegeben hat.

Fakt ist aber, dass es derzeit Regeln gibt, die die Stadt auch durchsezten muss – das ist schließlich ihr Job.

Kein Alkohol mehr auf dem Kiez – oder?

Einige Medien, darunter auch ein großer Hamburger Radiosender, berichten nun regelmäßig (falsch) in ihren Nachrichten, dass es ab diesem Wochenende in vielen Bereichen Hamburgs Alkoholverbote geben würde. So soll der Kiez „komplett“ von dem Alkoholverbot betroffen sein.

Großer Schreck also bei allen Betroffenen: Gastronomen sind ebenso überrascht, wie Hamburger und Touristen. Wird es das erste Wochenende seit dem ersten Weltkrieg, an dem es auf dem Kiez keinen Alkohol gibt? Die Antwort ist einfach: nein.

Verbot ja, aber nicht überall

Tatsächlich ist es richtig, dass es ein Alkoholverkaufsverbot in der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr am Wochenende gibt. Aber weder flächendeckend, noch generell. Das Verbot gilt, zumindest im Bezirk Altona, für den Außer-Haus-Verkauf alkoholischer Getränke.

Schon der Name ist hier eigentlich selbsterklärend: „Allgemeinverfügung des Bezirksamts Altona zum Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke“. Diese regelt den Verkauf außer Haus wie folgt:

Der Verkauf und die Abgabe von alkoholischen Getränken innerhalb der in der Anlage dargestellten räumlichen Geltungsbereiche ist am Freitag, den 31. Juli 2020, Sonnabend, den 1. August 2020 und Sonntag, den 2. August 2020 jeweils von 20 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt. Ausgenommen hiervon ist der Ausschank von alkoholischen Getränken im konzessionierten Bereich, einschließlich der genehmigten Außengastronomie von Gaststätten, für den Verzehr an Ort und Stelle.

Allgemeinverfügung des Bezirksamts Altona zum Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke – Hervorhebung durch Hamburg Inside.

Man sieht also, alles halb so wild. Man kann, wie gewohnt, einen Abend auf dem Kiez verbringen und muss dabei auf seine gewohnten Getränke nicht verzichten.

Keine Gelage mehr auf der Straße und vor Kiosken

Das eigentliche Ziel der Stadt wird also schnell klar und ist sogar nachvollziehbar: Probleme bereiten nicht die Gäste, die sich an die Regeln halten, ihre Kontaktdaten hinterlassen und „gesittet“ einen feucht-fröhlichen Abend in einer Bar verbringen.

Problemhaft sind eher die Personen, die sich im Freien aufhalten, für ein paar wenige Euro literweise Alkohol an einem Kiosk, einer der vielen „Vodka-Bomben“, Tankstellen oder im Einzelhandel kaufen – und diesen dann ohne Angabe von Kontaktdaten und unter Mißachtung der Abstandsgebote schnell wegkippen und die meisten Hemmungen verlieren.

Sollte es hierbei zu einer erneuten Corona-Infektion kommen, ist es schlichtweg unmöglich, die Infektionswege nachzuverfolgen und die Weitergabe des Virus zu unterbrechen.

Polizei und Politik haben die Lage in den letzten Wochen beobachtet und bewertet. Apelle haben nicht geholfen, einige schwarze Schafe unter den Gastronomen haben verkauft, was das Lager hergab und interessierten sich offensichtlich kein bißchen für die Einhaltung der Corona-Regeln.

Negativbeispiel Große Freiheit

In der Großen Freiheit sind gleich mehrere Betriebe negativ aufgefallen, die mit DJ, Tanzen und Barbetrieb zum „business as usual“ zurückgekehrt sind. Hierunter leiden nun nicht nur andere Gastronomen, sondern alle.

Auch Polizei und Politik haben hiervon natürlich Wind bekommen und Konsequenzen gezogen: die betroffenen Betriebe – Gastro-Betreiber auf dem Kiez wissen, von wem die Rede ist – haben reihenweise Verfügungen und Anordnungen erhalten, bei Nichtbeachtung drohen empfindliche Bußgelder bis hin zu Ordnungshaft.

Ausweis-Kontrolle in der Bar?

Für weitere Verunsicherung sorgt unter Gastronomen das Gerücht, dass diese für falsche Personalien „haften“ müssten. Einige Betreiber haben ihr Personal sogar schon angewiesen, ab diesem Wochenende von allen Besuchern die Ausweise zu kontrollieren und die Daten mit den „Nachverfolgungszetteln“ abzugleichen. Aber müssen sie das? Und dürfen sie das?

Auch hier ist die Antwort kurz und knapp: nein.

Gastronomen haben zwar eine Mitwirkungspflicht bei der „Erhebung der Kontaktdaten zur Nachverfolgung“ – keinesfalls aber Kontrollpflichten. Weder stehen ihnen diese zu, noch sind die dazu verpflichtet.

Mitwirken müssen die Gastronomen dadurch, dass sie auf die Pflicht zur Kontaktnachverfolung hinweisen. Das kann bei jedem Gast individuell durch eine persönliche Ansprache erfolgen, entsprechende Aushänge oder beispielsweise Aufsteller auf den Tischen.

Ebenso müssen Gastronomen Möglichkeiten für die Registrierung bereitstellen; also entsprechende Formulare und Stifte, oder eine digitale Lösung. Anschließend müssen die Gastronomen die erhobenen Daten für vier Wochen verwahren und auf Anforderung an berechtigte Behörden herausgeben.

Ebenfalls müssen Gastronomen, wenn sie berechtigte Zweifel an den gemachten Angaben haben, sichergehen, dass die Angaben stimmen und den Gast zu einer Korrektur auffordern.

So ist der Besuch von Donald Trump, Angela Merkel, Dr. Mabuse oder Batman sicherlich Grund genug, berechtigte Zweifel zu wecken und hinzuschauen, wer da wirklich vor einem steht.

Sicherlich können Gastronomen den Gast zum Abgleich der gemachten Angaben um die Vorlage eines Ausweises bitten, aber verlangen können sie dies nicht.

Zumal auch kein Deutscher generell verpflichtet ist, seinen Ausweis mitzuführen. Auch hier hält sich hartnäckig das Gerücht, es gäbe eine Ausweispflicht, die genau eben dieses besagt, aber auch hier ist es eben nur ein Gerücht, und nicht mehr.

Es gibt zwar tatsächlich eine Ausweispflicht, aber diese besagt nur, dass jeder Deutsche ab 16 Jahren einen Ausweis besitzen muss, aber nicht mitführen muss.

Das Recht, die Identität einer Person festzustellen, ist in Deutschland – Gott sei Dank – der Staatsanwaltschaft, der Polizei und anderen Vollzugsbehörden vorbehalten.

Ebenso, wie der Gast die Vorlage eines Ausweises verweigern darf, darf – und sollte – der Gastronom von seinem Hausrecht Gebrauch machen und der Person den Zutritt verweigern.

Das war übrigens auch schon vor Corona so, ist aber bei weitem nicht jedem bekannt. Die sich ewig wiederholenden Diskussionen an den Türen einiger Clubs mit abgewiesenen Gästen á la „ihr müsst mich aber reinlassen“ bezeugen dies immer wieder eindrucksvoll.

Fazit

Wer bisher unter Achtung der geltenden Corona-Regeln seine Abende in (begrenzter) geselliger Runde in der Bar seiner Wahl verbracht hat, kann dies auch ungehindert weiter tun.

Auch Gastronome können aufatmen: sie sind nicht ab sofort Hilfspolizisten oder „haften“ für Falschangaben.

Wer seine Abende bisher mit Billigalkohol und auf der Straße verbracht hat, wird sich umgewöhnen müssen. Hier wird die Polizei den Erwartungen entsprechen (müssen) und konsequent einschreiten.