Offener Brief an Bundestagsabgeordnete – Verhältnismäßigkeiten der Maßnahmen zwingend zu prüfen

Polizei sichert den Demonstrationsbereich
Polizei sichert den Demonstrationsbereich - Bildnachweis: news-photo.de

Anlässlich der gestrigen Corona-Demonstration hat einer der Redner seinen Brief an Bundestagsabgeordnete vorgelesen. Dieser Brief hat es in sich und fand so starken Zuspruch, dass er nun als offener Brief veröffentlicht wird.

Ein junger Mann, der anonym bleiben möchte, hat gestern für (positives) Staunen auf der Corona-Demonstration gesorgt. Er rief dazu auf, die politisch Verantwortlichen mit den Nöten und Sorgen, die ein jeder mit der Corona-Politik hat, zu konfrontieren und las dafür beispielhaft einen Brief vor, den er selber verfasst hat.

Dabei leugnet er keineswegs die Existenz von Corona und hielt sich gestern vorbildlich an alle Auflagen und Regeln. Er kritisiert allerdings das aktuelle Handeln der Politik und erntete dafür großen Zuspruch. Mit der Veröffentlichung seines Briefes hat er sich einverstanden erklärt, so dass wir dieses nun an dieser Stelle veröffentlichen.

Wichtig ist dem Verfasser, zu betonen, dass er sich von jedweder vermeintlichen Milieu-Zugehörigkeit in diesem Zusammenhang (Verschwörungstheoretiker, Antisemit, rechts- oder linksradikal, Querdenker, Corona-Verharmloser, usw.) ausdrücklich distanziert. Es geht ihm ausschließlich darum, seine Bedenken zu äußern und eine Reaktion der Politik zu erfahren.

Sein Brief im originalen Wortlaut:

Sehr geehrte/r Bundestagsabgeordnete/r,

als meine Vertretung im Bundestag bitte ich Sie um Folgendes:

Seit über einem Jahr werden auf der Basis einer potentiellen Verbreitungsgefahr der Krankheit Covid-19 bzw. dem Corona-Virus SARS-CoV2 seitens der sog. Ministerpräsidenten-Konferenz zusammen mit der Kanzlerin und einer Handvoll ausgewählter Berater Maßnahmen zur Eindämmung des Virus festgelegt, die dann mehr oder weniger 1 zu 1 in den Bundesländern in Verordnungen gegossen werden. Bereits dieser Zustand ist verfassungswidrig, da hier faktisch Entscheidungen durch ein Gremium getroffen werden, das nach dem Grundgesetz überhaupt nicht vorgesehen ist. Sicher kann man davon ausgehen, dass besondere Gefahrensituationen besondere Maßnahmen erfordern können – dies gilt jedoch ganz bestimmt nicht für einen Zeitraum von über einem Jahr, in dem diverse panische Horrormeldungen von Politik und vermeintlichen Experten nicht ein einziges Mal in der Realität angekommen sind. Auch die Zahlen des RKI inkl. des dort verwalteten DIVI-Registers geben ein solches Ausmaß an Gefahr wie immer wieder mit Schnappatmung über zahlreiche Kanäle verkündet bei konkreter, ruhiger Betrachtung nicht her.

Auch die Überlastung des Gesundheitssystems, ursprünglich mal als Hauptgrund für die Maßnahmen angegeben, drohte nach objektiven Maßstäben nicht im angekündigten Maß überlastet zu sein, was die Zahlen der Krankenhäuer selbst zeigen. Es wurde und wird nach wie vor auch nicht unterschieden, ob für die Patienten WEGEN Covid-19-Erkrankung ein stationärer oder gar intensivstationärer Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich ist, oder jemand aus anderen Gründen aufgenommen und im Rahmen der Routine-Untersuchungen ein positiver Covid-19-Test gemacht wurde – ohne dass sich hieraus behandlungsbedürftige Erkrankungen ergeben. Im Übrigen wurden zu einer Verbesserung seit Beginn der Corona-Politik keine Maßnahmen unternommen, um die in den letzten Jahrzehnten erst durch die Politik geschaffene Verschlechterung der Situation im Gesundheitswesen auch nur teilweise in dieser neuen Lage zu verbessern, im Gegenteil: Im letzten Jahr wurden 20 komplette Krankenhäuser geschlossen(!).

Da heute zunehmend ausgehend von Medien und Politik die Menschen dazu angeleitet werden, lediglich schwarz-weiß zu denken und Fühlen am besten gleich ganz zu unterlassen, möchte ich kurz darlegen, dass ich selbstverständlich nicht die Existenz von Covid-19 leugne, und mich auch mit den sog. Querdenkern nicht identifizieren kann und möchte (auch wenn ich glaube, dass sich bei differenzierter Betrachtung keine homogene Masse hinter dieser ursprünglich selbstgewählten und vermehrt medial als pauschale Diffamierung verwendeten Zuschreibung finden dürfte). Ich sehe Kritikpunkte an beiden Polaren und bevorzuge eine differenzierte Betrachtungsweise. Daher bin ich ebenso wenig gänzlich einverstanden mit der sog. „Corona-Politik“. Diese erscheint mir überwiegend undifferenziert, unverhältnismäßig und zunehmend anscheinend losgelöst von dem reellen Gefahrenpotential, das ganz bestimmt nicht bei null liegt, jedoch nach Ansicht zahlreicher ungehörter oder gar persönlich angegriffener Experten auch nicht in dem Umfang gegeben ist, wie durch die Regierung und die ewig gleichen Hof-Experten vorgetragen. Ich würde mir mehr INHALTLICHE Diskussion in der Sache wünschen, und weniger Diskreditierung von Profis in ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld durch vermeintliche Kontaktschuld nach vorherigem Ausschluss aus den renommierten Kreisen und persönliche Diffamierung von Menschen, deren Meinungsfreiheit anscheinend zunehmend negiert wird, wenn sie nicht die richtige ist – das ist einer Demokratie unwürdig.

Mir ist bewusst, dass es für Regierungsparteien wie auch (in diesem Themenfeld bisher kaum wahrnehmbare und bei Fortsetzung dieser Politik entsprechend ebenso kaum noch wählbare) Opposition nicht leicht sein dürfte, ohne Gesichtsverlust aus diesem Maßnahmen-Wahn ohne entsprechendes wissenschaftliches Fundament wieder herauszufinden. Hier bietet sich die Chance: Stimmen Sie gegen dieses völlig unverhältnismäßige Vorhaben, Bundes- und Landesparlamente noch weiter faktisch auszuschalten.

Ich verstehe, dass es bereits aus rein politischen, sachfremden Erwägungen reizvoll sein könnte, mindestens bis zur Bundestagswahl die aktuellen Zustände hochzuhalten. Ein Teil der Maßnahmen ist ganz bestimmt nicht falsch und der Sache des Gesundheitsschutzes dienlich. Dennoch bin ich hochgradig irritiert, in welchem Ausmaß seit einem Jahr geradezu dilettantisch Zahlen nicht ins Verhältnis gesetzt und mit absoluten Zahlen gearbeitet wird, als werde unter zumeist akademisch gebildeten Politikern (und u.a. Mitarbeitern des RKI) nicht mal Mittelstufen-Mathematik beherrscht. Das selbst eine promovierte Physikerin dies nicht durchblicken soll erscheint mir unbegreiflich. Aus Sicht zahlreicher konstruktiver Kritiker wird u.a. wieder und wieder im Sinne der Sache gefordert, die Testzahlen INS VERHÄLTNIS ZUR (jeweils aktuellen) GESAMTTESTZAHL zu setzen bzw. die Negativtests statistisch zu berücksichtigen, und auch die Veränderung der Positiv-Testrate in die (gesundheits??)politischen Maßnahmen einfließen zu lassen. Dazu sollten bereits Schüler ab der 7. oder 8. Klasse in der Lage sein… sofern die Corona-„Strategie“ an den Schulen noch Wissensvermittlung zulässt. Stattdessen werden mit einem vagen Zahlenwerk, mit deren Erstellung wohl keine Bachelor-Arbeit bestreitbar wäre, Maßnahmen wie Geschäfts- und Gastronomie-Schließungen Ausgangssperren gegen den Aufenthalt im Freien des Nachts für Millionen Bürger, und zukünftig unter Umständen beliebige weitere Phantasie-Einschränkungen für das Leben von Millionen Bürgern weitgehend willkürlich „verhängt“, und anstelle von Argumenten abstruse Bußgeldkataloge gefüllt und willfährige Erfüllungsgehilfen auf die Bürger losgelassen, als gäbe es keinen kritischen Rationalismus mehr.

Auch nach einem Jahr fehlen für die meisten dieser Maßnahmen Nachweise für deren zielführende Wirkung, soweit es dabei denn noch um Gesundheitsschutz gehen sollte. Beispielsweise Fitnessstudios und Sportvereine, die zu Sport und Bewegung anleiten und damit erwiesenermaßen einen direkten Beitrag zu einem gesunden Immunsystem bzw. zur Gesundheit schaffen, pauschal zu schließen, selbst wenn lokal in den Einrichtungen zuvor nicht eine einzige Infektionsübertragung stattgefunden hat… das wirkt nur noch absurd und in keiner Weise im Sinne der Sache oder der Menschen, die Sie mal gewählt haben. Die bisherigen unverhältnismäßigen und somit verfassungswidrigen Grundrechtseinschränkungen sind fatal – und in dieser Tiefe und für diese Dauer ohne absehbares Ende auch aus Sicht zahlreicher ungehörter Experten diverser Fachbereiche in keiner Weise vertretbar – und nein, diese sind nicht alle dem Querdenken-Milieu zugehörig, und selbst wenn mag es sinnvoll sein, sich einfach mal zuzuhören und INHALTLICH zu argumentieren.

Dies alles war bereits abstrus genug, doch jetzt ist ein Punkt überschritten, und ich kann nicht mehr länger schweigen: Nun wurde auch noch extrem kurzfristig ein Gesetzentwurf erstellt, der das Infektionsschutzgesetz nochmals anpassen und die Befugnisse der Länder und Kommunen abermals schleifen soll. Auch ich bin selbstverständlich kein Befürworter von zahlreichen, sich widersprechenden lokalen Regelungen in nur wenigen Kilometern Entfernung bei letztendlich vergleichbarem Infektions-, aber unterschiedlichem Testgeschehen. Gerade dies würde mit der geplanten bundesweiten Vereinheitlichung der Maßnahmen und noch stringenteren, aber deshalb immer noch nicht schlüssigen rein willkürpolitisch gesetzten 100er-Inzidenzen ohne Berücksichtigung der Anzahl der regional durchgeführten Tests gar nicht zum Positiven geändert werden. Das vorgebliche Ziel ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, sofern es überhaupt noch vorrangig um Gesundheitsschutz gehen sollte. Unter Berücksichtigung der Falsch-Positivrate von Tests könnte man ohne Berücksichtigung der Gesamtanzahl und Tests und der Positiv-Testrate Maßnahmen bei ausreichend hoher Anzahl an Tests auf ewig sogar gänzlich ohne Infektionsgeschehen „begründen“.

Vor kurzem hieß es übrigens noch, dass die Länder vor Ort am besten individuell auf das Infektionsgeschehen reagieren können. Nachdem mit der Osterruhe ein weiterer nicht zuende gedachter Vorschlag aus dem Bundeskanzleramt gescheitert ist wurde jedoch anscheinend umgehend die Verantwortung für die aktuelle Situation bei den Ländern abgeladen, und der weitere Spin hat zur jetzigen These geführt, dass die Kompetenzen auf Bundesebene besser aufgehoben wurden – nachdem unmittelbar vorher das Gegenteil geradezu perfekt demonstriert wurde.

Für die Zentralisierung weiterer Befugnisse im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes sehe ich im Ergebnis absolut keine hinreichenden Gründe, noch dazu, wenn nach Verabschiedung auch keinerlei bundesparlamentarische Beteiligung mehr vorgesehen ist, und die Entmachtung der Landtage einhergeht mit einer Selbstentmachtung des Bundestags (und somit auch Ihnen als Mandatsträger/in). Wieder und wieder werden die Demokratie in westlichen Ländern und insbesondere Deutschland selbst gelobt, und man äußert sich (sicher auch zu recht) u.a. kritisch über China – hier wird jedoch mit zweierlei Maß gemessen, wenn geschichtsvergessen Grundlagen geschaffen werden, die die Grundlage für ein totalitäres Gesellschaftssystem sein können, und zahlreiche Grund- und Menschenrechte für einen zwangsweisen unverhältnismäßigen angeblichen Gesundheitsschutz mit Füßen getreten werden. Der Föderalismus wurde gerade deshalb im Grundgesetz verankert, um eine Entwicklung hin zum Dritten Reich zu verhindern. Ich halte Geschichtsbewusstsein in diesem Zusammenhang für unerlässlich.

Das Kollateralleid all dieser Maßnahmen wird in keiner Statistik berücksichtigt, ist in diesem sich verselbständigenden, völlig unverhältnismäßigen Ausmaß ganz bestimmt nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, dessen Beachtung Sie sich ja mit Ihrem Amtseid (in meinem Sinne) verschrieben haben.

In diesem Sinne erwarte ich von Ihnen als meine/r Vertreter/in, dass Sie im Rahmen Ihres demokratischen Auftrags GEGEN den verfassungswidrigen, euphemistischen „Notbremsen“-Gesetzentwurf und FÜR den Erhalt bewährter demokratischer Strukturen unter Beachtung des Grundgesetzes stimmen.

Bitte antworten Sie mir und legen Sie mir Ihre Sicht der Dinge und Argumente dar – schließlich leben wir in einer föderalen Demokratie, und haben hoffentlich das gemeinsame Ziel, dass dies auch so bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

(der Verfasser)

Wer dem Beispiel folgen will, hat dafür nur noch wenige Tage Zeit: bis Mittwoch sollte ein entsprechendes Schreiben bei den Abgeordneten eingehen, Donnerstag wird das neue Infektionsschutzgesetz im Bundestag beraten.

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